Wüstenerfahrungen und Versuchungen

Haben Sie schon mal eine Wüstenerfahrung gemacht? Das ist ja eine Extremsituation, mit der man – normalerweise – nicht rechnet. So eine Wüstenerfahrung kann verschiedene Gesichter haben – vielleicht ist ein geliebter Mensch gestorben, vielleicht ist eine Beziehung in die Brüche gegangen, vielleicht gerate ich in eine berufliche Krisensituation. Eine Wüstensituation bringt immer Mangel, Entbehrung mit sich, - und je nachdem, um welchen Mangel, um welche Entbehrung es sich handelt, werde ich anfällig für Versuchungen.
Haben Sie schon mal eine Wüstenerfahrung gemacht? Ist Ihnen das schon einmal so gegangen? Wenn ja, dann sind Sie ja in guter Gesellschaft. Auch Jesus, Gottes Sohn, der Menschensohn hat Wüstenerfahrungen gemacht, hat Versuchungserfahrungen gehabt. Auch die können verschiedene Gesichter haben. Immer kommt es darauf an, die Versuchung zu erkennen und ihr zu widerstehen. Denn sonst werden wir unfrei und abhängig vom Versucher. Dass Jesus das gelungen ist, wissen wir.
Kannte Katharina Kasper Wüstenerfahrungen? Ich würde sagen: Zuhauf; zum Beispiel: In einem kurzen Brief an ihre Assistentinnen schreibt Katharina dreimal von ihrer Einsamkeit (Brief 76). Nie aber verlor sie den Mut, die Hoffnung, das Vertrauen auf Gott; sie hielt sich an Ihm fest und glaubte fest, dass er immer bei ihr war.
Kannte Katharina Versuchungen? Auch das. Ich denke zum Beispiel an die Versuchung, im Kulturkampf den preußischen Staat zu bitten, junge Frauen aufzunehmen. Der Schwesternmangel war so groß, und die jungen Frauen standen vor der Tür. Der Bischof wollte nicht, dass sie das tat, denn es bestand die Gefahr, dass sich der Staat Eingriffsrechte sicherte. Katharina hörte auf die Weisung des Bischofs, stellte keinen Antrag und blieb unabhängig.
Ein noch besseres Beispiel ist dies: Eine reiche Frau aus Dernbach wollte Katharina adoptieren, damit sie sie pflegen und beerben könnte. Katharina hätte ausgesorgt. Aber sie wäre abhängig gewesen und ihre Gemeinschaft aber hätte so nicht entstehen können. Katharina lehnte ab.
Katharina konnte diesen Versuchungen widerstehen, da sie Gott im Blick hatte, dem allein sie leben wollte. So blieb sie frei und unabhängig.
Versuchungen kommen immer wieder. Das können wir nicht verhindern. Auch bei Jesus war es so. Lukas schreibt ganz klar: Der Versucher verließ Jesus für einige Zeit. (vgl. Lk 4,13)
Katharinas Geheimnis ist das gleiche wie das von Jesus. Beide lebten dem Willen Gottes. So konnten sie Wüstenzeiten bestehen und den Versuchungen widerstehen. Jesus sagt: Seine Speise ist es, den Willen Gottes zu tun! (vgl, Joh 4,34)
Katharina sagt: "In allem und überall geschehe der heilige Wille Gottes." (Brief 14) Für den müssen wir natürlich Augen und Herz offen halten.